Ach du Grüne Neune!

Dieser Ausspruch drückt Verwunderung und Überraschung aus. Wenn im Frühling die Lust auf frisches Grün wächst und die jungen Pflänzchen unter den abgestorbenen Blättern vom letzten Herbst herausspitzen, sorgt die Natur für unentwegte Überraschungen. Saftig und kraftvoll zeigen sie sich, die Blättchen, die in dieser Jahreszeit immer wieder durch Kälte und Schnee an ihre Grenzen kommen. In dieser Zeit passiert genau das bei uns Menschen. Gestern war es noch ganz warm, heute hab ich wieder die falsche Kleidung an. In der Früh schneit es und drei Stunden später scheint die Sonne und man kommt ins Schwitzen. Alles ist in Bewegung. Verwunderung – Überraschung.

Die Naturmenschen erkannten die Pflanzen als Spiegel, als Wegbegleiter und Kraftspender, und nahmen mit der Nahrung die Kraft des Aussen auf um wie das junge Grün im Inneren zu wachsen und das Immunsystem zu stärken.

Im Jahreskreis gibt es acht Sonnenfeste und die Mitte als Zentrum. Die acht Feste gelten als Schnittpunkte, an denen jeweils etwas endet und etwas Neues beginnt.

Bei den Pflanzen beginnt das Wachstum mit dem Keimen des Samens. Darauf folgt das Kraut, die Blüte, die Frucht, die Reife und die Samenbildung. Am Ende des Zyklus ziehen sie sich in die Wurzeln zurück und ruhen bis zum nächsten Frühlingsimpuls. Daraus ergeben sich neun Jahreszeiten, nämlich der Vorfrühling, der Frühling, die Osterzeit, der Frühsommer, der Hochsommer, der Altweibersommer, der Frühherbst, der Herbst und der Winter.

Neun ist die Zahl der Energiebewegung. Mit anderen Worten: bei dem Spruch „Ach du Grüne Neune“ kommt Energie in Bewegung. Es stellt sich die Frage, was fängt man mit dieser Energie an? Wie gestaltet und choreographiert man sie? Denn hier manifestiert sich das Chaos und man hat die Wahl, in die eine oder in die andere Richtung zu gehen. Dabei können wir lernen auf der Chaoswelle zu reiten. Innerhalb der chaotischen Welle ist die Energiebewegung bezüglich der weiblichen und männlichen Energie immer ausgeglichen. Wenn wir auf diese Art und Weise mit dem Heiligen Gesetz in Einklang kommen, sind wir in gewissem Sinn „kosmische Surfer“. Wenn wir auf die chaotische Welle aufgesprungen sind, liegt die Aufgabe darin, auf ihr zu bleiben, bis sie endet. Das erfordert allerdings, daß wir mit Veränderung und Bewegung in Einklang sind.

Genau so ist die Zeit, wenn wir die Neun-Kräutersuppe essen, neun bestimmte Kräuter (Blumen, Gehölze) in den Palmbuschen binden, oder neun frisch ausgetriebene Frühlingsgehölze an Walpurgis in unseren Hexenbesen binden. Die „magische Neun“ finden wir ebenso in den neun Sonnenkräutern (Blüten) für den Sonnwendgürtel, mit dem wir an Johanni übers Sommersonnwendfeuer springen, in neun Kräutern (Blumen, Früchte und Beeren) die wir in den Kräuterbuschen an Maria Himmelfahrt – Schnitterfest – binden, den neun segensreiche Früchten, Getreide und Blumen als Gebinde in Form von Erntekrone, Kranz, Lebensrad oder Hegewisch. Zu Allerheiligen/Halloween legen wir neun Berufs- und Beschreikräuter/Gehölze/Pflanzen als Gesteck oder Kranz auf die Gräber unserer Ahnen. Aus neunerlei Zweigen ohne Grün ist die Reinigungsrute für den Nikolaus zum Reinigen der Aura gefertigt, neun Hölzer werden benötigt zum Entzünden des heiligen Feuers zur Wintersonnwend und ebenfalls neun Hölzer oder Räucherkräuter vertreiben in der Rau(h)nachtszeit Dämonen aller Art. (siehe Buch „Räuchern mit heimischen Kräutern“ von Marlis Bader).

Die Gründonnerstag-Suppe

Die Gründonnerstag-Suppe ist traditionell eine Neun-Kräutersuppe. Sie wird mit neun verschiedenen Frühlingskräutern zubereitet und mit den jungen Frühlingskräutern wird die Kraft des frischen, jungen Grüns gegessen. Der Gründonnerstag war das Ende der Fastenzeit und mit der Kräutersuppe wurde das Fasten gebrochen.

Verschiedene Redewendungen deuten heute noch auf Zahlensymbolik, Bräuche und deren Zauberkraft hin. So steht die Zahl Neun für Bewegung und Dynamik, während die Farbe Grün Lebenskraft und Wachstum ausdrückt.

Drei mal Drei ist Neune – Du weisst ja, was ich meine!

Je nach Jahreszeit und Lebensthema wurden drei Kräuterpflanzen für die Schönheit, drei Kräuterpflanzen für die Fruchtbarkeit, drei nährende Kräuter, oder drei segnende Kräuterpflanzen, oder drei magische Kräuterpflanzen, oder drei heilende Kräuterpflanzen zusammengestellt.

Oft werden in alten Brauchtumsbüchern auch siebenerlei kraftvolle Pflanzen für die Lebensruten, Traditionsgebinde oder Ritualsbuschen beschrieben.

Sieben steht für den Prozess des Lebens selbst. Der Traum ist der Prozess, in dem wir das Leben an sich leben. Er ist das alltägliche Leben, das wir durch Symbole und Sigillen erfahren. Er ist das Erleben dessen, was wir spirituellen und sexuellen Eros nennen – nämlich der Wunsch, das Leben ganz wach, gewahr und achtsam im Jetzt zu leben. Das bedeutet auch, ein autonomes, individuelles und freies menschliches Wesen innerhalb dieses Lebens zu sein, das völlig wach ist. Hier nährt der persönliche Traum mit seinen Alltäglichkeiten den heiligen Traum, der in der Seele zur Reife gelangt und mit dem kollektiven Traum in Einklang steht. Der Traum vom Paradies und die Energiebewegung sind Themen der Schnittpunkte. Sie wurden und werden heute noch rituell in Verbindung mit Pflanzengottheiten gebraucht und rituell zu Lebensruten, Sonnenrädern u.v.m. gebunden.

Die Gebinde wurden gesegnet und das kraftvolle Gebinde diente so dem Schutz und Heil von Familie, Stall und Hof. Genaue Rezepturen über Zusammensetzung und Anwendung gab es nicht. Meist wurde die Art und Weise vom Sippenältesten an die jungen Generationen weitergegeben. Und so unterscheiden sich Form und Inhalt von Region zu Region, von Land zu Land. Auch wurden die Reste der “Apotheken in Gebindeform” immer wieder im Feuer des im Jahr darauffolgenden Jahreszeitenfestes verbrannt. Verbrennen ist Ausdruck von Vergangenheit und Zukunft und wenn das Alte nicht abgeschlossen ist, kann das Neue nicht beginnen. Das Feiern von Jahreszeitenfesten, das Bewußtmachen von Lebensträumen und Bewegung sind Übergänge, Wechseljahre, Initiationen. Und immer sind Pflanzen Spiegel dessen was ist. Heilbringer innerlich und äußerlich, Beschützer und Magier.

Wir, die Mitarbeiter der Blumenschule laden Sie ein, auf der Lebenswelle mit uns zu surfen um zu schauen, was uns auf dem Pflanzenweg begegnet.

Rainers Gartenblog © 2016 Frontier Theme