Freude an Einjahresblumen

Auch bei Blumen und im Garten ist alles dem Wandel und der Mode unterworfen. So sind die vor 100 Jahren und vor 50 Jahren noch populären und beliebten Einjahresblumen heute fast in Vergessenheit geraten. Im Gegensatz zu so manchem poetisch klingenden Sortennamen einer Pflanze klingt die Ordnungs-Einteilung sehr nüchtern.

„Einjahresblumen“, was ist das eigentlich? Es sind dies die kurzlebigen, oft nur einige Wochen, längstens einen Sommer lang blühenden Pflanzen, deren Samen direkt ins Beet gestreut werden oder die eine bestimmte Vorkultur im Haus erfahren, um dann ab Mitte Mai ausgepflanzt zu werden. Es sind die bekannten Blumen wie Löwenmaul, Astern, Zinnien, Ringelblumen, Kornblumen u.v.a.m.

Weisser StachelmohnSo wie heute auch früher blätterten die Menschen gerne im Winter in Katalogen und Büchern und träumten vom Blütenmeer im Sommergarten. Früher wurden dann Samentüten bestellt und im Frühjahr begann die Anzucht von Setzlingen auf den Fensterbänken oder im Frühbeet. Bis zu den Eisheiligen waren die Pflanzen soweit erstarkt, daß sie in Beete gepflanzt werden konnten. Nach einer Weile begannen sie dann zu blühen bis zum Herbst oder sie wurden als Schnittblumen in Vasen arrangiert.

Die Zeiten haben sich geändert, alles wird auf dem Tablett fertig zubereitet gereicht, auch im Garten. Nach der „ich will alles und das sofort“- Methode sollten bereits die Blumenkästen und Blumenbeete im Mai blühen wie im Juli und bitte schön so bleiben bis zum Frost oder gar bis Weihnachten. Diesen Eindruck vermitteln Gartencenter ab Ostern oder ab Ende April, jedes Jahr noch einige Tage früher soll uns Lust gemacht werden, wobei das üppige Blühen zu dieser frühen Zeit doch nur mit eng begrenztem, oft eintönigem Sortiment möglich ist.

KöcherblümchenLust und Freude und Vielfalt und Überraschung kommt da noch nicht auf. Dazu braucht es die Vielfalt, das Erleben der Veränderung durch Wachstum und Entfaltung, die Entdeckerfreude der ersten Blüte, des ersten Schmetterlings, der neuen unbekannten Blume, der vielen verschiedenen Düfte, das Traurig sein beim Verblühen und Vergehen, die Sorge bei Regen und Unwetter. Dieses Werden und Vergehen, der dauernde Wandel und die Vielzahl von Insekten, die durch die Vielfalt an Blüten angezogen werden, diese Lebendigkeit bringen die Einjahresblumen auf Balkon, Terrasse und in den Garten.

Manchmal sind es bei uns früher heimisch gewesene Acker- und Getreideunkräuter. Der Samen des Getreides wurde vom Bauern selbst geerntet und aufbewahrt. Da die Reinigung des Samens nicht vollkommen gelang, waren immer einige Kräuter- und Blumensamen dabei und wurden bereits mit dem Getreide ausgesät. Gestützt durch die stabilen Getreidehalme konnten viele Kräuter hochwachsen und erfreuten den Betrachter als roter Mohn, blaue Kornblume oder als „Fernglas der Venus“ oder als Kornrade.!

In warmen Ländern wo es lange Trockenzeiten gibt, müssen sich immer dann, wenn Regen fällt, die Pflanzen schnell entfalten, wachsen, blühen – schneller als ihre Konkurrenz in die Lücke hinein, die zwischen den anderen Pflanzen noch da ist. Wettlauf um Wasser, Wettlauf um Insektengunst mit dem Verströmen von vielfältigsten Düften, buntesten Farben, abenteuerlichsten Blütenformen und außergewöhnliche Strategien zur Befruchtung, alles nur damit die Art erhalten bleibt.

Solche „schnellwüchsigen“ Pflanzen kommen aus dem Mittelmeerraum, Kalifornien, China, Chile, Südafrika und Australien zu uns. Diese, von uns Gärtnern so eingeordneten Einjahresblumen, haben vielerlei Strategien; aber allen gemein ist, Blüte im ersten Jahr nach der Aussaat und Absterben spätestens mit dem Frost im Herbst.

Maskenblume und SommerphloxDerartige Pflanzen gibt es sehr, sehr viele. Dazu gibt es noch viele gärtnerische Züchtungen und Auslesen nach Farbvarianten, auf gefüllte oder doppelte Blüten, auf hohen oder niederen oder hängenden Wuchs, auf besonderen Duft. Bei dieser Züchtungsarbeit handelt der Gärtner genauso, wie die Natur es auch macht, nur bewußt und geplant durch Gärtnerhand. Ausgewählte Elternpaare werden so miteinander gekreuzt, daß sich die gewünschten besten Eigenschaften dominant, d.h. vor allen anderen vermehren. Die Kinder sind dann besonders groß und stark, oder besonders duftend, oder besonders farbig. Das ist vorweggenommene Evolution, beileibe keine Genmanipulation und die Natur selbst macht das schon immer so. Viele dieser so entstandenen besonders „wertvollen“ Pflanzen sind aber auch besonders empfindlich und brauchen verstärkte Aufmerksamkeit und Pflege. Ihr Überleben ist nur durch Pflege und Fürsorge der GärtnerInnen möglich.

Wegen ihrer besonderen Lebensbedingungen blühen die meisten dieser Einjahres-Pflanzen nicht unermüdlich von Mai bis Oktober durch. Oft blühen sie nur eine begrenzte Zeit von einigen Wochen und das ist das Problem. Denn welcher Pflanzenfreund möchte Anfang August Beet oder Blumenkasten teilweise oder ganz neu bepflanzen, noch dazu wo doch die Werbung für andere Pflanzen Dauerblütezeit verspricht. Weil viele dieser Einjahresblumen eine begrenzte Blütezeit haben, gerieten viele dieser Pflanzen in Vergessenheit, bis z.B. die Arbeit der Blumenschule sie wieder ins Licht der Aufmerksamkeit stellt.

Wir haben aus diesem Pflanzenverhalten einen Schluss gezogen und eine Lösung gefunden: die da heißt „Blumen aus 1001-Nacht“ und „Traumbalkon“. Es sind Pflanzenmischungen, die als Mischung in Töpfe gesät heranwachsen und ausgepflanzt werden um dann im Kasten oder Kübel oder Beet zur Blüte zu kommen und zwar miteinander und hintereinander. Die Frühblüher zuerst, dann die Spätblüher, Dauerblüher sowohl früh als auch spät. So entsteht das oben erwähnte Werden und Vergehen mit all den aufregenden Beobachtungserlebnissen für Auge und Nase. Die anmutige Schönheit einer Blütenwiese im Balkonkasten ist diese Innovation der Blumenschule. Bunt kommt sie als 1001-Nacht-Blütenmischung daher, Unifarben als Traumbalkon in weiß, gelb, rot, blau, rosa. Auch als Mischung für den Schattenbalkon und als Mischung essbarer Blüten.

Bunte WucherblumeDie Pflege ist sehr einfach. Lediglich regelmässig giessen der in vorgedüngter Erde gepflanzten Töpfe. Wenn die Pflanzen etwa 30 cm hoch gewachsen sind, werden die längsten Triebe vorsichtig nach aussen über den Kasten hinabgedrückt, so dass die langen Triebe zu hängen beginnen. Jetzt treiben aus den Blattachseln immer neue Triebe aus die sofort Knospen und Blüten zeigen. Dadurch haben die neu nachwachsenden Triebe oder langsamwachsenden Pflanzen Licht, Luft und Platz und können sich ihrerseits gut entfalten. Der Trick mit dem sanften über den Kastenrand drücken ist ganz wesentlich, denn durch den ständigen Neuaustrieb werden aus ehemals aufrecht wachsenden Pflanzen mit kurzer Blütezeit jetzt Hängepflanzen mit langer Blütezeit. Gleichzeitig wechselt und wandelt sich Blüte und Farbe im Kasten und ist dadurch wie eine Wundertüte immer wieder für floristische Überraschungen gut.

Ende Juli oder Anfang August ist es Zeit, die verbrauchte oder zusammengesackte Erde im Kasten nachzufüllen. Dabei wird zuerst organischer Dünger (oder den von Ihnen verwendeten) auf die Erde gestreut, darüber kommt frische Erde, bis der Kasten wieder gut gefüllt ist. Dabei können lange, über den Kastenrand hängende Triebe vorsichtig überdeckt werden, evtl. schlagen sie dort, wo sie unter die Erde kommen, neue Wurzeln, was zu einem besonderen Wachstumsschub führt. Damit stehen auch in den Herbst hinein die Einjahresblumen prachtvoll im Futter und blühen bis zum Frost. Gelegentlich sollen verblühte Blüten ausgeschnitten werden, dadurch wird ebenfalls der Neuaustrieb angeregt und die Pflanzen „vergeuden“ ihre Kraft nicht zur Samenbildung. Im Herbst ist dann die Pracht vorbei. Jetzt kann natürlich Samen gewonnen werden, der dann für nächstes Jahr im Garten oder Balkonkistchen zum Gärtnern von der Aussaat an verlockt.

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